Anschluss eines Industrieboilers – Nachricht - Elektropraktiker

2022-08-26 22:42:20 By : Ms. helen Liang

Wie sind Industrieboiler abzusichern? Was sagen Normen bzw. Vorschriften darüber aus?

Frage: Ein Industriekunde hat einen Anschlussschrank für einen Diphyl-Boiler bestellt, der ca. 34 Heizstäbe à 12,5 KW (20,8 A in Dreieckschaltung) zu drei Gruppen besitzt. Unser Anschlussschrank befindet sich ca. 1 m über dem Boiler. Dazwischen sind bis jetzt vier 63er Edelstahlrohre geplant. Die mit Glasfaserisolierung ausgeführten drei Anschluss-drähte (4 mm2) jedes Heizstabes sollen nun durch diese Edelstahlrohre in unseren Anschlussschrank geführt werden. Dort sollen sie unabgesichert auf eine der drei Gruppenstromschienen aufgelegt werden, die mit Vorsicherung (NH2) 315 A ausgelegt sind. Wir haben den Anschluss bisher verweigert, da aus unserer Sicht Sicherungen für die Anschlussdrähte (4 mm2) erforderlich sind. Auch um im Fehlerfall eines einzelnen Heizstabes sicher abschalten zu können. Sind unsere Bedenken berechtigt?

Antwort: Leider sind die Angaben in der Leseranfrage nicht ganz plausibel. Wenn von „ca. 34 Heizstäben“ die Rede ist, die jeweils eine Leistung von 12,5 kW aufweisen und die in Dreiergruppen betrieben werden, wobei ein Strom (eventuell der Außenleiterstrom) von 20,8 A fließt, so sind diese Angaben kaum nachvollziehbar. Deshalb kann es hierzu nur eine sehr pauschale Antwort geben.

Es geht in der Frage offensichtlich um einen Boiler, der mit dem Wärmeträger VP1 (Diphyl) arbeitet. Dieses Diphyl ist ein im flüssigen Zustand homogenes (eutektisches) Gemisch aus Diphenyl und Diphenyloxid (Feststoffe aus Kohlewasserstoffverbindungen). Damit lassen sich hohe Temperaturen bei einem möglichst geringen Druck relativ genau einstellen.

Der Hauptpunkt in der Anfrage bezieht sich auf die Anschlussdrähte, die jeweils einen Querschnitt von 4 mm2 aufweisen. Aufgrund der etwas verwirrenden Angaben in der Leseranfrage wird zunächst ohne Nachprüfung davon ausgegangen, dass diese Anschlussdrähte für den Dauerbetriebsstrom richtig bemessen sind.

Die Frage ist, ob diese Anschlussdrähte ohne separate Überstrom-Schutzeinrichtungen mit den Sammelschienen verbunden werden dürfen. Eine möglicherweise erforderliche separate Überstrom-Schutzeinrichtung soll an dieser Stelle offensichtlich den Schutz bei Überstrom nach DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) [1] sicherstellen. Ob auch der Schutz gegen elektrischen Schlag nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) [2] durch diese Überstrom-Schutzeinrichtungen übernommen werden soll, ist fraglich. Dies hängt u. a. davon ab, ob der Boiler einschließlich der Anschlussleitungen in der Schutzklasse I oder II ausgeführt wurden.

Wenn zunächst vom Schutz bei Überstrom die Rede sein soll, muss zwischen einem Schutz bei Überlast und bei Kurzschluss unterschieden werden. Befinden sich im Boiler übliche Heizstäbe, die als rein ohmsche Verbraucher gelten, so kann Folgendes ausgesagt werd

Die Grundlage für diese Überlegung findet man in DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) [1], Abschnitt 433.3 (Verzicht auf Einrichtungen zum Schutz bei Überlast). Im Unterabschnitt 433.3.1 findet man folgende Aussage:

„Einrichtungen zum Schutz bei Überlast müssen nicht vorgesehen werden:

f) für einen Leiter, der üblicherweise Überlastströme nicht führt, vorausgesetzt, dieser Leiter ist entsprechend den Anforderungen von Abschnitt 434 bei Kurzschluss geschützt und weist weder Abzweige noch Steckvorrichtungen auf [...]“.

Natürlich ist es wenig wahrscheinlich, dass eine NH-Sicherung mit einem Nennstrom von 315 A den Kurzschlussschutz für einen Leiter mit einem Querschnitt von 4 mm2 übernehmen kann. Deshalb wäre auch die Ausnahmeregelung aus DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) [1], Abschnitt 433.3.1 nicht anwendbar. Allerdings gibt es in DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520) [3], Abschnitt 521.11 eine Aussage, die hier weiterhelfen kann. Wörtlich heißt es dort: „Wenn Schutzeinrichtungen zum Schutz bei Kurzschluss nach DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430):2010-10, 434.2.1 nicht eingesetzt werden, müssen Kabel und Leitungen kurzschluss- und erdschlusssicher verlegt werden.“

Ob die vorgesehene Konstruktion den Anforderungen an eine kurzschluss- und erdschlusssichere Verlegung entspricht, kann pauschal aus der Ferne nicht korrekt bewertet werden. Einiges aus der Beschreibung in der Leseranfrage spricht dafür, aber dies sollte in einem Gespräch zwischen dem Hersteller und dem Errichter geklärt werden.

Bliebe noch eine mögliche Forderung für einen Schutz gegen elektrischen Schlag. Für einen solchen Schutz muss nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) [2], Abschnitt 410.3.2 eine entsprechende Schutzmaßnahme vorgesehen werden. Diese muss bestehen aus

Sofern Punkt 2 zutrifft, wäre die Anforderung nach einem Schutz gegen elektrischen Schlag auch ohne eine Vorsicherung für die Anschlussleiter erfüllt. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, müssen die Basisschutzvorkehrung (Isolierung zur Verhinderung einer direkten Berührung) und die Fehlerschutzvorkehrung (Maßnahme, die einen Schutz bietet, wenn der Basisschutz versagen sollte) zwingend vorgesehen werden.

Literatur: [1] DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430):2010-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-43: Schutzmaßnahmen – Schutz bei Überstrom.

[2] DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2018-10 Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag.

[3] DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520):2013-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen.

Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.

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