Rohstoffe: So können Mittelständler den Preissteigerungen begegnen

2022-09-02 22:27:27 By : Mr. JOE ZHOU

Viele Mittelständler benötigen für ihre Produkte Rohstoffe, deren Preise massiv gestiegen sind.

Viele Mittelständler benötigen für ihre Produkte Rohstoffe, deren Preise massiv gestiegen sind.

Aachen Die Munk Group aus dem bayerischen Günzburg produziert Leitern, Gerüste, Rollcontainer und vieles mehr, was im Handwerk, in der Industrie oder der öffentlichen Hand benötigt wird. Dazu braucht das Familienunternehmen Materialien wie Aluminium, Stahl, Edelstahl und Kunststoff.

„Im Zuge der Pandemie und der steigenden Rohstoffpreise haben wir unsere Lieferketten genauer unter die Lupe genommen. Mit dem Ziel, nur noch Material aus europäischen Ländern zu ordern“, sagt Ferdinand Munk, Geschäftsführer und Inhaber der Munk Group.

Das Ziel wurde erreicht. Die partnerschaftlichen Beziehungen zu den Zulieferern in Europa hat das Unternehmen zudem verstärkt, indem es Warenbestellungen ausgeweitet und über mehrere Jahre Kooperationsvereinbarungen getroffen hat. „Trotz der Krise ist unser Seriensortiment weitgehend verfügbar“, sagt der Firmenchef.

Er selbst fordert sowohl den Mittelstand als auch die Politik auf, alles Mögliche dafür zu tun, Waren soweit es geht wieder hierzulande herzustellen. „Firmen müssen dann allerdings bereit sein, etwas mehr für Artikel aus unserer Region zu zahlen als zum Beispiel für Produkte aus Fernost“, sagt Munk.

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Die Lieferengpässe und der Krieg in der Ukraine haben die Preise vieler Rohstoffe nach oben getrieben. Die Kosten für Halbleiter, Stahl, Kunststoffe, Dünger und nicht zuletzt für Energie haben sich teilweise vervielfacht. Nicht alle konnten die Lieferketten so schnell umstellen wie die Munk Group. Viele Firmen mussten deswegen die Produktion runterfahren und Bestellungen stornieren. Andere haben gefüllte Auftragsbücher, können diese jedoch nicht oder nur mit längeren Lieferzeiten abarbeiten.

98 Prozent der 350.000 deutschen Exporteure sind Mittelständler. Sie verfügen meist nicht über ausreichend hohe Finanzpolster, um extreme Preissteigerungen wegzustecken. Grundsätzlich können Unternehmen zwar die gestiegenen Preise an Endkunden weitergeben. Doch besonders für kleine und mittlere Unternehmen ist das wegen des starken Wettbewerbs oft nicht möglich.

An den aktuellen Preisen können Firmen nichts ändern, sie können sich aber gegen Schwankungen absichern. „Die Volatilität auf den Kapitalmärkten ist sowohl durch die Pandemie als auch durch den Krieg in der Ukraine auf ein extrem hohes Niveau gestiegen. Das gilt ganz besonders für Rohstoffe“, sagt Hinrich Paul, Head of Financial Markets bei der Commerzbank.

Unternehmen können sich mithilfe von Banken über die Termingeschäfte gegen steigende Rohstoffpreise absichern. „Dabei nutzen Firmen zumeist die klassische Festpreisabsicherung“, erläutert Paul. Dies geschieht über sogenannte Forwards oder Futures.

Beide Finanzinstrumente werden als „unbedingte Termingeschäfte“ bezeichnet. Dabei verpflichten sich zwei Vertragsparteien, einen bestimmten Basiswert zu einem vordefinierten Preis zu einem festgelegten Termin zu kaufen oder zu liefern. Im Gegensatz zu Futures werden Forwards nicht über Terminbörsen, sondern außerbörslich abgewickelt.

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Diese Termingeschäfte garantieren also einen festen Preis eines Rohstoffs. Der Nachteil: Sollte der Preis künftig fallen, kann die Firma davon nicht profitieren. Dies ist dagegen mit Optionsgeschäften möglich. Dabei sind die Firmen nicht zum Kauf des Rohstoffs des vorab festgelegten Preises verpflichtet.

Optionen gehören zur Gruppe der „bedingten Termingeschäfte“. Das heißt, das Unternehmen muss die Option nicht nutzen und kann den Rohstoff zum niedrigeren Kurs kaufen. Jedoch gibt es einen Haken: Für das Wahlrecht zahlen Firmen eine Optionsprämie. Diese Kosten sind vergleichsweise hoch. Zudem gilt: je volatiler der Markt, desto teurer die Option.

„Firmen müssen sich an diese deutlich höhere Volatilität erst gewöhnen. Dabei spielen nicht nur Rohstoffpreise eine wichtige Rolle bei ihrer Geschäftsplanung, sondern beispielsweise auch Währungen, die ebenfalls erheblich schwanken können“, sagt Paul. Währungen können Unternehmen nach dem gleichen Prinzip absichern wie Rohstoffpreise.

Wenn etwa eine deutsche Firma Produkte und Stoffe einkauft, die in US-Dollar notieren, geht sie, da sie im Euro-Raum ansässig ist, ein Wechselkursrisiko ein. Sollte der Dollar zulegen, steigen Währungskosten für das Unternehmen. Per Devisentermingeschäft können Firmen den Wechselkurs vorab festlegen.

Für Firmen stellt sich generell die Frage, ob es nicht klüger wäre, den Einkauf von Rohstoffen strategisch anzugehen, um für die Zukunft mehr Planungssicherheit zu bekommen. Es ist möglich, in Phasen niedriger Preise größere Mengen auf Vorrat einzukaufen. So sind die Preise für Metalle wie Silber, Platin, Kupfer und Blei in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gesunken.

Hierbei eignet sich Finetrading als Einkaufsfinanzierung. Dabei finanziert ein bankenunabhängiger Zwischenhändler – der Finetrader –den Einkauf. Die Firma kauft über den Findetrader den Rohstoff in größeren Mengen ein. Der Lieferant des Rohstoffs profitiert vom Wegfall des Zahlungsrisikos, da der Finetrader direkt nach der Lieferung die Ware für den Einkäufer bezahlt.

Der Finetrader gewährt dem Unternehmen für die Rückzahlung einen Zeitraum, beispielsweise 120 Tage. Dafür verlangt er eine Gebühr, deren Höhe von der Bonität des Unternehmens und der Dauer der Nutzung abhängt. Ein weiterer Vorteil für die einkaufende Firma: Sie kann ihre Ware dann bestellen, wenn sie produzieren will, und bezahlt erst, wenn sie am Markt Umsatz generiert.

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